Curitiba

Das dänische Team fliegt am 15.11. wieder zurück. Für uns restliche Europäer klingelt der Wecker an diesem Tag schon kurz nach vier Uhr morgens, denn wir müssen um fünf den Bus nach Curitiba erreichen, damit wir die spektakuläre Fahrt mit den Zug nach Morretes nicht verpassen. Die Strecke, angelegt zwischen 1880 und 1885, ist die aufregendste Eisenbahnstrecke Brasiliens. Der Zug verlässt Curitiba auf einer Höhe von 900 Metern, um durch mehrere in den Fels gegrabene Tunnel und viele Brücken und Viadukte aus Eisenstahl  die steile Serra do Mar hinabzuklettern. Der Blick nach unten ist unvergleichlich: Imposante Canyons – tropischer Urwald an ihren Hängen – und entlang der Strecke herrlich bunt blühende Begonien.

Im Zug selber ist ein berühmter brasilianischer Radioreporter anwesend, und der Lokomotivführer feiert heute, am Tag der Republik, seinen Geburtstag. In Morretes wartet nach diesem Erlebnis ein typische lokale kulinarische Spezialität auf uns, nämlich der Barreado, ein Rindfleischtopf, der 12 Stunden lang gekocht und mit Maniok serviert wird. Der Kellner führt uns anschaulich vor, dass das Fleisch mit dem Maniok solange im Teller verrührt wird, bis eine feste Masse entsteht, die umgestülpt sogar über dem Kopf des Gastes fest im Teller kleben bleibt. Wir fragen uns bei dieser Demonstration, ob wohl schon einmal ein Missgeschick passiert ist. Morretes selbst ist eine gemütliche Kolonialstadt aus dem Jahr 1721, am Ufer des Rio Nhundiaquara und am Fuss der Serra do Mar gelegen. Einige antike Kirchen und historische Gebäude einschliesslich des Bahnhofs sind auf jeden Fall sehenswert.

Zurück geht es mit einem Minibus über die 1873 konstruierte Küstenstrasse Estrade da Graciosa, die durch herrliche Täler, vorbei an malerischen Wasserfällen und durch intakte Abschnitte Atlantischen Regenwaldes führt. Von den Aussichtspunkten an der Strasse sind Teile des alten Maultierpfades zu sehen, den die ersten portugiesischen Siedler benutzten, um den Berg bis Curitiba zu überwinden. Kurze Station machen wir in Antonina mit der historischen Hafenpromenade.  Nach der Rückkehr in Curitiba ist eine dreistündige Stadtrundfahrt geplant, aber leider stehen wir wegen des Feiertages vor verschlossenen Türen. Nun erleben wir hautnah die brasilianische Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft, denn die Dame, die uns am Vormittag begleitet hat, schlägt spontan vor, die Stadtrundfahrt mit uns durchzuführen, weil wir doch viel Geld dafür bezahlt haben. Auf sie selbst wartet zu Hause zur Feier des Tages zwar eine grosse Familie mit Kindern und Enkelkindern, aber die Touristen aus dem fernen Europa haben ihrer Meinung nach Vorrang. Und so kommen wir doch noch zur Besichtigung der saubersten, modernsten und bestorganisierten Stadt Brasiliens mit der besten Lebensqualität, von deren Stadtplanung sogar Europäer lernen wollten. Wir beginnen mit einem Besuch des Botanischen Gartens, fahren durch das historische Zentrum, sehen die Fussgängerzone Rua das Flores, die nach ihren schönen Blumenkörben benannt ist, bewundern das “Opernhaus aus Draht – Opera de Arame”, das Museum Oscar Niemeyer und vieles mehr.

Schliesslich werfen wir noch einen Blick auf das deutsche Viertel, in dem einige Häuser bei einbrechender Dunkelheit wie bei uns zu dieser Jahreszeit in vorweihnachtlicher Lichterpracht erstrahlen. Nach diesem langen anstrengenden Tag, der von aussergewöhnlichen Eindrücken und Erlebnissen nur so strotzt, heisst es Abschied nehmen von Rainer, dessen weiterer Brasilienurlaub sich nun von unserem trennt. Wir werden von der netten Reiseleiterin noch zum Flughafen gebracht, wo wir um Mitternacht den Flieger nach Foz Iguaçu nehmen.