Am 13. November 2005 fand das zweite brasilianische Familientreffen in Joinville, Brasilien, statt, zu dem die “brasilianischen Stahlschmidt” eingeladen hatten. Elton, Waldir und Joari Stahlschmidt haben mir ihren Angehörigen und Helfern einen unvergesslichen Anlass und zusätzlich für die europäischen Teilnehmer eine spannende, eindrucksvolle Brasilienreise organisiert.
Ein Teil der “europäischen Stahlschmidt” fliegt am 10. 11. von Sao Paulo nach Florianopolis, der Hauptstadt des Bundesstaates Santa Catarina, die neben einem historischen Zentrum mit dem Mercado Publico 42 herrliche Sandstrände besitzt, die zum Baden einladen. Hier treffen wir auch die einheimischen Fischer mit ihren bunten Booten an, die mit reichlich Beute gefüllt, u.a. Lachs und Rochen, über Holzbohlen zu den naheliegenden Hütten gezogen werden.
Wir wohnen in einem Hotel direkt am “Strand der Engländer”, vielleicht wegen Chris, unserem englischen Stahlschmidt-Nachfahren. Am ersten Tag ist das Wetter nasskalt, und aufgrund der Internet-Vorhersage rechnen wir mit dem Schlimmsten. Zum Aufwärmen trinken wir erst einmal einen Caipirinha, und nach dem Zweiten – gemäss Annelie haben wir zuerst eine Jacke und danach noch eine Hose getrunken - ist uns angenehm warm. Am nächsten Tag weckt uns wider Erwarten die Sonne und lädt zu einem Ausflug und sogar zum Baden im Meer ein.
Mittags geniessen wir eine frische Fischmahlzeit bei den zwei “Brüdern Hoffmann”.
An meinem Hochzeitstag, dem 12.11., den ich zum ersten Mal ohne meinen Mann verbringe, fahren wir in einem bequemen Überlandbus nach Joinville, wo wir am späten Nachmittag eintreffen. Im Hotel treffen wir auf die ersten “brasilianischen Verwandten”, und später vertiefen wir das Kennenlernen bei einem gemeinsamen Nachtessen.
Norma, Eltons 93jährige Mutter, eine gebürtige Dreher, deren Vorfahren aus Idar-Oberstein stammen, ist sehr fit, was wahrscheinlich auch mit ihrer Karriere als brasilianische Sportlerin zusammenhängt. Norma spricht perfekt Deutsch und wünscht uns als Gute-Nacht-Gruss mit ihrem schelmischen Lächeln einen “guten Flohbiss”.
Inzwischen ist schon Sonntag Morgen, der 13. November, und nach dem Frühstück beginnt in der Hotelhalle ein reges Treiben, denn die vielen Teilnehmer des Familientreffens müssen auf mehrere Autos verteilt werden.
Über die “Stahlschmidt-Autobahn” fahren wir in einer langen Autokolonne in die Gegend, in der Einwanderer Gustav Carl Stahlschmidt vor 152 Jahren Land von Brasilien zur Rodung und Besiedlung erhalten hat. Haus und Hof standen gemäss Elton vor dem kleinen Wäldchen.
Bei den heutigen Besitzern, die Woehl heissen und ebenfalls noch gut Deutsch sprechen, dürfen wir einen Blick in die gute Stube werfen.
Auf diesem alten Friedhof, auf dem fast ausschliesslich deutsche Einwanderer begraben sind, befindet sich auch Gustavs Grab. Landspekulanten möchten diesen Friedhof am liebsten einebnen, aber Elton will sich für seinen Erhalt einsetzen.
Im komfortablen und geräumigen Restaurant Grêmio da Multibrás warten wunderschön in rot und weiss hergerichtete Tische und Stühle auf uns. Joaris Mutter hat für jeden Tisch kleine dekorative Töpfe angefertigt, die neben Blumen die Flaggen der Länder enthalten, die den „Weg der brasilianischen Stahlschmidt“ von Deutschland über Dänemark nach Brasilien aufzeigen. Das Stahlschmidt-Wappen als Pin, Schlüsselanhänger und hier auf der Kleidung.
Eine riesige Multimedia-Wand ruft uns den heutigen Programmablauf in Erinnerung und darüber heisst uns ein grosses Banner herzlich willkommen:
Von rechts nach links die Hauptorganisatoren Joari Stahlschmidt, Waldir Stahlschmidt und Elton Stahlschmidt.
Es gibt einen Europatisch und mehrere Brasilientische. Nachdem jeder seinen Platz gefunden hat, werden wir herzlich willkommen geheissen. 60 % der deutschen Einwanderer waren Protestanten, und die evangelische Religion nimmt immer noch einen bedeutenden Platz im Leben der deutschen Einwanderernachkommen ein. So ist es selbstverständlich, dass wir uns vor dem köstlichen Mittagessen zum Dankesgebet erheben. Das feine Essen wird von einer deliziösen Geburtstagstorte gekrönt, die verschiedene Familienmitglieder anlässlich ihrer Novembergeburtstage spendiert haben.
Jandyra, die Autorin des Buches “Fazenda do Salto” zusammen mit Elton.
Am Nachmittag stellen sich die europäischen Gäste vor. Rainer präsentiert seine Stahlschmidt-Familie in einem interessanten, vertonten Fotobeitrag. Aus Dänemark sind zwei Anders Stahlschmidt angereist, von denen Anders I als Journalist des dänischen Fernsehens das Familientreffen in einen am 1 April 2006 ausgestrahlten Fernsehbeitrag “Stahlschmidt i Brasilien” eingearbeitet hat. Für den Anlass in Joinville hat Anders I einen Film gedreht, der u.a. seine Vorfahren und diejenigen von Anders II bis zu Gustav Carls Vater Johann Wilhelm Victor zurückverfolgt. Ausserdem stellt er dar, wie er in Fredericia auf den Spuren des gemeinsamen Vorfahren gewandelt ist und einen Historiker befragt hat. Wir sehen auch, dass Johann Wilhelm Victors Grab, das ein grosser Stein ziert, noch existiert. Zur Überraschung aller Anwesenden hat Anders II ein Poesiealbum aus dem Jahr 1794 mitgebracht, das Johann Wilhelm Victor gehört hat und in das viele seiner Freunde und Familienangehörigen Sprüche und Gedichte eingetragen haben.
Hier folgt ein Auszug aus dem Poesiealbum:
“Was ist es, das man hier erwirbt. Man lebt, man stirbt, man hasst, man weint, man wird begraben und vergessen.
Fregleben 28.05.1795
Hierbei erinnere dich an deinen dich stets liebenden Bruder August Christian Stahlschmidt.”
Anschliessend können wir Chris bewundern, der als Engländer seine Rede in der Sprache der Gastgeber hält, da er während seiner regelmässigen Brasilienaufenthalte im Rahmen eines humanitären Projektes sogar Portugiesisch gelernt hat.
Ich zeige den kleinen Beitrag des WDR, den wir im Hinblick auf das Treffen in Brasilien über Internetgenealogie gedreht haben und erzähle in diesem Zusammenhang, dass unser gemeinsamer Vorfahr Anton Stahlschmidt Besitzer eines Stahlhammers und seine Frau eine Pastorentochter war, und dass viele Stahlschmidt-Nachfahren seit Generationen tüchtige Ingenieure sind und Kirchenämter bekleiden. Ich leite zu Gustav Carls Grossvater Georg Friedrich Casimir über, der ein besonders interessanter Mann gewesen sein muss und 46 Jahre lang Pastor in Freckleben, Sachsen-Anhalt, war. Anschliessend stellen sich die Nachfahren der verschiedenen brasilianischen Stahlschmidt- Linien vor, und wir verbringen danach noch eine angenehme Zeit mit Gedanken- und Adressenaustausch. Zum Abschluss nimmt Martin, der Kameramann des dänischen Fernsehens, noch von jedem Teilnehmer ein Bild auf.
Da der 15. 11., der Tag der Verkündung der Republik, ein Feiertag ist, können einige Teilnehmer des Familientreffens „ die Brücke machen“ und an der Schifffahrt teilnehmen, die uns von Joinville durch die Babitonga-Bucht in die historische Stadt São Francisco do Sul bringt, der ältesten Stadt Santa Catarinas und der drittältesten Brasiliens, in der viele europäischen Einwanderer zum ersten Mal brasilianischen Boden betreten haben. Das Wetter und die Aussicht auf die 14 Inseln sind phantastisch, und mit ein wenig Glück sieht man sogar wie Delphine an der Wasseroberfläche auftauchen. Die Stimmung auf dem Schiff ist sehr gut bis ausgelassen, denn eine Band spielt brasilianische Rhythmen und ein Moderator führt lustige Sketche auf.
Die beiden Anders Stahlschmidt aus Dänemark besprechen den Filmbeitrag, den Anders (rechts) für das dänische Fernsehen dreht. Daneben sehen wir Martin, den Kameramann, bei der Arbeit.
Die brasilianische Pianistin und Stahlschmidt-Nachfahrin Patricia Vanzella mit ihrer Tochter Klara, und zum Abschluss noch einmal Elton zwischen seiner Frau Ida und seiner Mutter Norma.
An dieser Stelle schon jetzt ein Hinweis auf das nächste brasilianische Treffen im Jahr 2007 in Palmas, PR, zu dem wieder alle Stahlschmidt-Nachfahren herzlich eingeladen sind.